Einigungshilfe

Mediator werden: Wie finde ich die passende Mediationsausbildung?

Dr. Jürgen von Oertzen, März 2022

So bunt wie die Mediationswelt derzeit ist, so unterschiedlich entwickeln sich auch die Menschen, die in sie hineintauchen. Kaum einer kommt aus der Ausbildung unverändert heraus, und selbst diejenigen, die nach der Ausbildung nicht als Mediator:in aktiv werden, berichten übereinstimmend von dem großen persönlichen Gewinn, den sie aus dieser Zeit mitnehmen.

Sie haben sich entschieden, Mediator:in zu werden – doch wie findet man unter den immer zahlreicher werdenden Ausbildungsangeboten das Richtige? Die gute Nachricht ist, dass den individuellen Interessenslagen eine Vielzahl von Angeboten gegenübersteht, die sich jeweils unterscheiden

  • in ihrem Mediationsverständnis,
  • ihrem Aufbau
  • ihrer Methodik
  • sowie nicht zuletzt bei den Investitionen, die erforderlich sind.

Vor dem Hintergrund, dass viele Mediator:innen ihre erste Ausbildung retrospektiv als prägend für ihre mediative Tätigkeit wahrnehmen, sollten Sie vor Ihrer Entscheidung für ein bestimmtes Ausbildungsinstitut sorgfältig abwägen: Was genau wollen Sie lernen? Bei wem wollen Sie lernen? Und wie soll das Lernen vor sich gehen?

Wer darf sich Mediator nennen?

Mediator beziehungsweise Mediatorin ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Auch das Mediationsgesetz macht kaum Vorgaben dazu, wer sich nach welcher Ausbildung Mediator:in nennen darf (vgl. § 5 MediationsG). Geschützt ist aber die Bezeichnung “zertifizierter Mediator” beziehungsweise „zertifizierte Mediatorin“, für die eine Ausbildung gemäß der entsprechenden Verordnung erforderlich ist, die mit 120 Stunden leider sehr kurz angesetzt ist.

Ob Zertifikate unnötiger Formalismus oder Qualitätsmerkmal sind, ist auch in der Mediationsszene umstritten. Die hochwertigsten Nachweise sind die der etablierten Mediationsverbände. So darf sich beispielsweise „Mediator:in BM“ nennen, wer durch den Bundesverband Mediation e.V., der größten deutschen Vereinigung von Mediator:innen, anerkannt, also lizenziert, wird. Dafür muss man eine Ausbildung mit bestimmten Kriterien absolviert haben und weitere Anforderungen erfüllen, die Sie auf der Website des BM nachlesen können (siehe www.bmev.de). Manche Ausbildungsinstitute vergeben an ihre Absolvent:innen ihre eigenen Zertifikate oder die eines eng an das Institut angebundenen Vereins, andere verzichten ganz darauf.

Wie lange dauert eine Mediationsausbildung?

Typischerweise erfordern die Anerkennungen der meisten Mediationsverbände eine 200-stündige Mediationsausbildung. Einige Ausbildungsinstitute bieten diese 200 Stunden als Jahreskurs mit fester Lerngruppe an, andere in einem modularen Aufbau von Grund- und Vertiefungskursen, aus denen die Teilnehmer:innen flexibel auswählen können. Modulare Ausbildungen sind in manchem Terminkalender leichter unterzubringen, in einer festen Lerngruppe entwickeln sich andererseits in der Regel intensivere Beziehungen zwischen den Teilnehmenden, die die persönliche Weiterentwicklung und Selbsterfahrung unterstützen.

Die Dauer der Ausbildung über ein Jahr oder länger wird vielfach als notwendig angesehen, damit die Teilnehmenden die erforderlichen Fähigkeiten üben und sich persönlich weiterentwickeln können. Es gibt am Markt aber auch kleinere und schnellere Ausbildungen. Manche Angebote  etzen beispielsweise ein Mindestalter oder einen bestimmten beruflichen Hintergrund voraus. Meist aber ist der Zugang für alle Interessierten offen. An zwei Universitäten, der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) sowie der FernUniversität Hagen, kann in einem etwas längeren Fernstudiengang sogar ein Masterabschluss erworben werden, für den über die teils enthaltene praktische Ausbildung hinaus auch die wissenschaftlichen Hintergründe von Mediation bearbeitet werden sollen. Voraussetzung dafür ist ein beliebiges anderes Studium.

Was lernt man in einer Mediationsausbildung?

Manche Ausbildende bieten ausdrücklich eine Ausbildung mit bestimmtem Schwerpunkt wie Familien- oder Wirtschaftsmediation an oder, seltener, Mediationen im öffentlichen Raum. So können die Auszubildenden Routine mit typischen Problemen dieser Bereiche erwerben. Da andererseits die grundlegenden Strukturen und Dynamiken von Konflikten über alle Anwendungsbereiche hinweg ähnlich sind, und sich Mediator:innen laut dem Gebot der Abstinenz sowieso inhaltlich nicht einbringen, unterrichten viele Ausbildungen auch unabhängig von konkreten Anwendungsgebieten und decken damit ein weites Spektrum von Mediationsinhalten ab. Manche Angebote enthalten eine breite Grundausbildung und dann Spezialisierungsmöglichkeiten. Vereinzelt gibt es auch (englischsprachige) Ausbildungsangebote zur Mediation im internationalen Bereich, zum Beispiel im Rahmen von Friedensmissionen.Manche Ausbildungen geben im Rahmen eines Vertiefungsmoduls einen Einblick in dieses Thema.

Neben der fachlichen Ausrichtung differieren bei den vielen Ausbildungsangeboten auch das Menschenbild, die Sicht auf Konflikte und damit das Mediationsverständnis. Liegt die Betonung eher auf der effizienten Lösung des konkreten Konflikts, also auf interessenorientierter Verhandlungsunterstützung, meist nach dem Harvard-Konzept? Oder sollen Menschen im Sinne einer Konflikt-Transformation dabei unterstützt werden, sich ihrer selbst bewusster zu werden, Verständnis füreinander aufzubauen und ihre gegenseitige Kommunikation zu verbessern, sodass nachhaltig eine Stärkung der (Arbeits-)Beziehung und eine eigenverantwortliche Konfliktklärung erfolgen kann? Diese Nuancen zu erkennen, stellt bisweilen eine nicht ganz so leicht zu meisternde Herausforderung dar. Begriffe wie „Mediation“, „Konflikt-Moderation“ oder „Konfliktmanagement“ sind nicht einheitlich definiert – lassen Sie sich davon nicht verwirren, sondern fragen Sie die Anbieter im persönlichen Gespräch, was sie jeweils genau unter „Mediation“ verstehen.

Trifft eine Ausbildung das, was Sie lernen wollen?

Alle Ausbildungsstätten sollten über die Inhalte, die bei ihnen gelernt werden, Auskunft geben können. Oft ist es aber nicht so einfach, diese auf der Website herauszulesen. Fragen Sie also nach, wenn Sie konkrete Inhalte interessieren. Welche davon wären für Sie besonders wichtig? Eine erste Orientierung kann die Ausführungsverordnung zum Mediationsgesetz geben, in der allerdings die psychologischen und kommunikativen Aspekte meines Erachtens deutlich unterrepräsentiert sind.

Für die Anerkennung durch die Verbände werden typischerweise vier dokumentierte und teils supervidierte Mediations-Fälle von Ihnen gefordert (für die gesetzliche Zertifizierung nur einer). Die Akquise dieser Fälle kann eine Herausforderung sein, bei der Sie von den Ausbildungsinstituten in deutlich unterschiedlichem Ausmaß unterstützt werden, zum Beispiel durch die Möglichkeit, bei Ihrem:Ihrer Ausbilder:in in einer Mediation zu hospitieren, oder durch Ausbildungseinheiten zum Thema Fall-Akquise. Die Supervision Ihrer Erfahrungen mit Ihren ersten Fällen ist meist in der Ausbildung enthalten und kann in kleinen oder großen Gruppen oder in Einzelsupervision erfolgen. Bei manchen Ausbildungen handelt es sich allerdings bei „Supervision“ nur um die Auswertung von Rollenspielen – fragen Sie nach!

Bei wem kann man Mediation lernen?

Die Bezeichnung als “Mediations-Ausbilder” beziehungsweise “-Ausbilderin” oder “Mediations-Trainer” beziehungsweise “-Trainerin” ist ebenfalls nicht geschützt.

Einige Anbieter:innen blicken auf eine längere Tradition als Mediationsausbilder zurück, andere sind neu im Ausbildungsgeschäft. Ebenso haben die einen viel, die anderen wenig eigene Erfahrung mit Mediation. Tatsächlich gibt es  auch einige, die selbst nur von Ausbildung leben, aber gar keine eigene aktuelle Praxiserfahrung haben. Gibt es dazu klare, vertrauenswürdige Angaben? Eine gewisse Prüfung der Qualifizierung als Ausbildende:r übernehmen wiederum Verbände, die einzelne Ausbildende (zum Beispiel im Falle des BM) oder ganze Institute mit ihrem Ausbildungskonzept zertifizieren (zum Beispiel im Falle der Bundesarbeitsgemeinschaft für Familienmediation - BAFM und des Bundesverbandes Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt e.V. - BMWA).

Es gibt Mediationsausbildungen, bei denen Sie einen oder zwei verantwortliche, beständig anwesende und ansprechbare Ausbildende vorfinden, die für bestimmte Einzelthemen Gast-Trainer:innen einladen. Andere bieten Ihnen ein breiteres Spektrum an mehr oder weniger gleichberechtigten Ausbildenden oder Referent:innen, deren Mediationsstile sich unterscheiden können und die sich sehr gut koordinieren müssen, um Ihnen eine konsistente Ausbildung und nicht nur unzusammenhängende Bausteine zu ermöglichen. Fragen Sie nach, wie die Institute diese Koordinierung sicherstellen! Auf jeden Fall sollte ohne weiteres erkennbar sein, wer die Ausbildenden überhaupt sind.

Das Betreuungsverhältnis in den Kursen kann sehr unterschiedlich sein. Fragen Sie nach, wie viele Teilnehmende auf eine:n anwesenden Trainer:in (ohne Assistent:innen, Hospitant:innen etc.) kommen und wie viel Zeit (wenn überhaupt) sich Ihr:e Ausbildende:r für Sie alleine nehmen wird.

Wie läuft eine Mediationsausbildung ab?

Mediator:innen sind bei der Vermittlung in angespannten Situationen speziellen Anforderungen ausgesetzt. Um diesen zu begegnen, ist es am wichtigsten, dass sie sich ihrer selbst bewusst und gleichzeitig empathisch sind, sich also in die Konfliktparteien hineinfühlen können. Empathie ist eine Fähigkeit aller Menschen, die in der Mediationsausbildung herausgearbeitet und mit den zugehörigen Techniken trainiert wird. Die große Mehrheit der Ausbildenden halten daher Selbstreflexion sowie Rollenspiele mit Feedback für die zentralen, unentbehrlichen Methoden der Mediationsausbildung. Falls Sie etwas Sorge wegen der Rollenspiele haben: Sie sind nicht allein! Eine gute Ausbildung wird Sie aber angemessen heranführen und dann diesen Methoden viel Raum geben.

Daneben werden in den Ausbildungen oft eine Vielzahl weiterer Methoden der modernen Erwachsenenbildung angewandt, um ein abwechslungsreiches und erfolgreiches, interaktives Lernen zu ermöglichen. Manche Trainer:innen führen auch selbst Mediationen vor (als Rollenspiel oder per Video), weil sie glauben, dass durch die Präsentation anschaulicher wird. Andere vermeiden das mit der Begründung, die Teilnehmenden könnten so ihren jeweils eigenen Stil freier entwickeln.

Unterschiedlich viel Gewicht wird außerdem auf begleitendes Unterrichtsmaterial gelegt, das von den meisten Ausbildungsinstituten selbst mehr oder weniger professionell erstellt und teilweise für die Bedürfnisse jeder aktuellen Lerngruppe neu konzipiert wird. Bequem ist es, darauf online zugreifen zu können; lassen Sie sich Beispiele dafür zeigen!

In den meisten Ausbildungen werden aus den Teilnehmenden kleinere „Peergroups“ oder „Intervisionsgruppen“ gebildet und diese teils intensiv unterstützt. Sie dienen dazu, ein vertiefendes Lernen ohne die Ausbildenden zu ermöglichen. Viele Mediator:innen haben insbesondere die Arbeit in diesen Gruppen in guter und intensiver Erinnerung. Es lohnt sich daher zu fragen, welche Mit-Auszubildenden Sie in Ihrer Ausbildung vorfinden werden: Menschen, die Ihnen ähnlich sind? Oder Menschen, die Sie auf den ersten Blick als „anders“ empfinden? Und was von beidem wäre für Sie ertragreicher?

Wie viel kostet eine Mediationsausbildung?

Die Teilnahmegebühr für eine 200-stündige Ausbildung beträgt nach unserer Übersicht derzeit zwischen 2.500 und über 15.000 Euro; hinzu kommen die Kosten für Materialien und gegebenenfalls Fahrten und Übernachtungen. Ein Wechsel zwischen verschiedenen Ausbildungsinstituten ist in der Regel schwierig, weil Stil und Struktur der Ausbildungen nicht normiert sind – noch ein Grund, den:die Anbieter:in sorgfältig zu wählen.

Mediationsausbildungen der Einigungshilfe

Wir bieten im Rahmen unserer Mediationsausbildungen verschiedene Kurse und Seminare an. Lernen Sie mehr über die Inhalte der Mediationsausbildung sowie die organisatorischen Details.

Wir wünschen Ihnen einen spannenden Weg zur Mediatorin und zum Mediator!

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